Neue Perspektiven beim Wohnraum in Cuxhaven
"Angespannter Wohnungsmarkt" in Cuxhaven erlaubt, Mieterhöhungen zu begrenzen / Stadt Cuxhaven erhält mehr Befugnisse
„Angespannter Wohnungsmarkt“: Eine bundesweite Herausforderung, die die Bürgerinnen und Bürger inzwischen nicht mehr nur noch in Großstädten wie Berlin, Hamburg oder München spüren. Aufgrund der sich weiter verschlechternden Situation auf dem Mietwohnungsmarkt hat das Land Niedersachsen eine Neubegutachtung der angespannten Wohnungsmärkte in Auftrag gegeben. Das Ergebnis liegt nun vor: Die Anzahl der Kommunen mit einem „angespannten Wohnungsmarkt“ wird ausgeweitet und bietet den Kommunen - wie auch der Stadt Cuxhaven - neue Möglichkeiten.
Die neue sogenannte „Gebietskulisse der angespannten Wohnungsmärkte“ umfasst in Niedersachsen insgesamt 57 Städte und Gemeinden. Bei 38 von ihnen hat die Untersuchung ergeben, dass der Wert für die Annahme eines „angespannten Wohnungsmarktes“ erreicht oder überschritten ist. So auch in der Stadt Cuxhaven. Was bedeutet das für Mieter, Vermieter und die Stadt Cuxhaven?
Vor allem anderen ist der § 556d BGB zu nennen. Der § 556d BGB befasst sich mit der zulässigen Miete für eine Wohnung bei Mietbeginn. Die Regelung des Bürgerlichen Gesetzbuches hat zur Folge, dass bei Abschluss eines Vertrages über Wohnraum die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 BGB) höchstens um zehn Prozent übersteigen darf, wenn der Wohnraum in einem Gebiet mit "angespanntem Wohnungsmarkt" liegt. Daneben hat die Ausweisung eines "angespannten Wohnungsmarktes" zur Folge, dass bei bestehenden Mietverträgen eine abgesenkte Kappungsgrenze für Mieterhöhungen greift (§ 558 Abs. 3 Satz 2 BGB) und sich die Kündigungsfrist bei einer Wohnumwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen von drei auf fünf Jahre verlängert (§ 577a Abs. 2 Satz 1 BGB). Diese Regelungen des BGB betreffen das Rechtsverhältnis zwischen Mieter und Vermieter, also das Rechtsverhältnis der Bürger und Bürgerinnen untereinander.
Durch Aufnahme der Stadt Cuxhaven in die Gebietskulissen der "angespannten Wohnungsmärkte" ergeben sich aber auch weitere Handlungsoptionen deren Adressat die Stadt Cuxhaven ist. Die Aufnahme der Stadt Cuxhaven in die Gebietskulisse für die "angespannten Wohnungsmärkte" ist Voraussetzung für die Anwendung der Instrumente des Baulandmobilisierungsgesetzes (§ 201 a BauGB und § 250 BauGB). Mit der Aufnahme der Stadt Cuxhaven steht dieser gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nummer 3 BauGB ein erweitertes Vorkaufsrecht an brachliegenden oder unbebauten Grundstücken zu, wenn diese überwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können.
Auch der Anwendungsbereich des § 31 Abs. 3 BauGB (Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans) ist mit der Aufnahme der Stadt Cuxhaven erweitert. So kann die Stadt Cuxhaven unter Würdigung der nachbarlichen Interessen auch von den Grundzügen eines Bebauungsplans befreien, wenn dies mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist und die Befreiung zugunsten des Wohnungsbaus erteilt wird. Ferner kann die Stadt Cuxhaven nach Aufnahme in die Gebietskulisse für einzelne Grundstücke ein Baugebot gemäß § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB erlassen, wenn ein Eigentümer/in eines im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegenden Grundstücks, auf dem eine oder mehrere Wohneinheiten errichtet werden können, es in einer angemessenen Frist unterlässt dieses entsprechend zu bebauen.
Schließlich ist auf § 250 BauGB hinzuweisen. Durch die Aufnahme in die Gebietskulisse des "angespannten Wohnungsmarktes" bedarf die Begründung von Wohnungseigentum im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes der Genehmigung der Gemeinde, wenn sich in dem Wohngebäude mehr als fünf Wohneinheiten befinden.
Im Zusammenhang mit der Aufnahme in die Gebietskulisse des "angespannten Wohnungsmarktes" wird sich für die Stadt Cuxhaven auch die Frage stellen, ob eine kommunale Satzung auf Grundlage des niedersächsischen Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum erlassen wird. Mit diesem Gesetz ist die Stadt Cuxhaven in der Lage, unter anderem gegen Wohnraumleerstand und Wohnraumzweckentfremdung einzuschreiten. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Stadt Cuxhaven zuvor eine entsprechende kommunale Satzung erlassen hat.
Insgesamt ist festzustellen, dass durch die Aufnahme der Stadt Cuxhaven in die Gebietskulisse der "angespannten Wohnungsmärkte" in Niedersachsen zum einen einem von vielen Bürgerinnen und Bürgern in der Vergangenheit bereits festgestellten Eindruck Rechnung getragen wird und zum anderen die Stadt in die Lage versetzt wird, aktiver die Wohnbauentwicklung, auch kleinteilig, zu fördern.
Die aktuellen Feststellungen des Landes Niedersachsen über den Mietwohnraumbestand in der Stadt Cuxhaven und die zu erwartenden Wachstumschancen der Stadt Cuxhaven durch die Offshore-Ansiedlungen bestätigen das Ziel der Stadt Cuxhaven, aktiv in die Ausweisung neuer Baulandflächen im Stadtgebiet einzutreten.